Ein Artikel aus unserer Tageszeitung von heute:
"Die Chance des Lebens"
Der Hammer Unternehmer Reinhard Wick und die Erfolgsstory von "hotel.de". Vor zehn Jahren geht die Internet-Plattform erstmals ans Netz.
Es war tatsächlich am 11. September 2001. Die Türme des World-Trade-Centers waren soeben in sich zusammengebrochen und hatten 3000 Menschen mit in den Tod gerissen. In einer Ecke des Düsseldorfer Flughafens saß eine Gruppe junger Unternehmer und unterbrach ihre Verhandlungen über die Anteile an einer Firma, mit der sie im nächsten Januar auf den Markt drängen wollten. Wofür sie monatelang - heute fast auf den Tag genau vor zehn Jahren - intensivst geschuftet hatten, schien in diesem Moment wie ein Kartenhaus in sich zuzammenzufallen. Wer brauchte noch eine Internet-Plattform namens "hotel.de", wenn es noch nicht einmal mehr Flüge zu buchen gab ? Reinhard Wick ist einer jener Verhandlungsführer vom Düsseldorfer Flughafen. "Für die Gründung eines touristischen Unternehmens war dieser Tag natürlich eine Katastrophe", erinnert er sich heute. "Und trotzdem: Es war die Chance. Und eine solche erhält man nur einmal im Leben."
Wick hat kein Elitestudium in Harvard oder Cambridge hinter sich. Die ersten zehn Jahre seines Lebens wächst der Sohn eines Postbeamten in Bönen auf. Als der Vater nach Hamm versetzt wird, zieht die Familie um. Wick besucht das Stein-Gymnasium und studiert BWL in Münster. Er macht seinen Abschluss als Diplom-Kaufmann und will in die Reisebranche. 1986 bekommt er seinen ersten Job - wie es der Zufall will erneut in Hamm. Bei der "Intergerma Marketing GmbH" am Alfred-Fischer-Weg gibt man ihm eine Chance. Kein Mensch denkt damals ernsthaft ans Internet. Er ist zunächst Projektleiter, später Geschäftsführer. Unter seiner Hand entstehen Kataloge und Hotelführer. Für Geschäftsleute genauso wie für Bustouristen. Tagungshotels werden stark nachgefragt und allmählich keimt in ihm der Gedanke, dass jenseits von bedrucktem Papier ein neuer Markt zu erschließen ist. Die Idee von einer für den Gast kostenlosen Hotel-Buchungsplattform im Internet ist im Spätsommer 1998 geboren.
Die Geburtsstunde von "www.hotel.de" hatte allerdings schon ein halbes Jahr vor diesem Geistesblitz geschlagen. Für ein paar D-Mark hatten sich im Nürnberger Raum ehemalige Informatik-Studenten die Domain gesichert. Sie hatten das Internet-Systemhaus "Axis" gegründet, aus dem 1998 die "Atrada Trading Network AG" wurde. Dr. Heinz Raufer stand an der Spitze der Firma, und Wick mit ihm in Verhandlungen.
Ein Joint Venture wird nach nur dreitägigen Verhandlungen vereinbart, und am 20. Oktober 1998 geht "hotel.de" erstmals ans Netz. Wick und seine Nürnberger Partner sind wahre Pioniere. Google, Lycos und Yahoo gibt es damals noch nicht. Wer Im Internet gefunden werden will, braucht einen griffigen Namen. Einen wie "hotel.de".
Im September 2001, als die Verhandlungsrunde am Düsseldorfer Flughafen beendet ist, beträgt der Gegenwert dieser Adresse bereits eine Million D-Mark. 2002 startet das Unternehmen endgültig durch. Geld von den Banken gibt's keins, denn der Neue Markt ist komplett am Boden. Reinhard Wick steigt mit seinem Privatvermögen ein und übernimmt den Bereich Hotelakquisation und Einkauf. In Hamm, im Schatten der Alfred-Fischer-Halle, entsteht der Hammer Teil des Unternehmens. Der Kundenbereich wird bei den Partnern in Nürnberg abgewickelt, das bis heute als Unternehmenssitz gilt.
"Hotel.de" geht ab wie eine fehlgezündete Rakete. Denn statt nach den geplanten zwölf Monaten schreibt die zunächst zwölf-köpfige Besatzung erst nach 15 Monaten schwarze Zahlen. Danach gibt es kein Halten mehr. Dreistellige Wachstumsraten, tausendfache Zugriffe und ein immer dichter werdendes Netz an Hotels. Das Unternehmen wird ein wichtiger Arbeitgeber in seiner Region und geht 2006 an die Börse. Wick ist Gründungsaktionär und Mitglied des Vorstands. "In den Anfangstagen hatten wir 300 Buchungen pro Monat, heute machen wir das in knapp einer halben Stunde", rechnet der Unternehmer vor. Das es nie zu einer Zusammenlegung der beiden Standorte gekommen ist, liege vor allem an dem rasanten Wachstum des Unternehmens. Heute sei daran gar nicht mehr zu denken. "Und es hat auch Vorteile, denn es gibt keine unnützen Meetings", sagt der 49-Jährige.
Dreistellige Wachstumsraten sind in Deutschland nicht mehr zu erzielen. Aber das Unternehmen etabliert sich in Europa über die Marke "hotel.info", will langfristig im Business-Bereich die Nummer eins werden. Neben London, Paris und Barcelona ist gerade in Rom ein neues Büro eröffnet worden. In Shanghai soll das nächste entstehen.
Die aktuelle Finanzkrise geht auch an "hotel.de" nicht vorbei, der Kurs an der Börse ist auf 14 Euro gesackt. Rund 200 Mitarbeiter sind derzeit in Hamm beschäftigt, der Personalbestand werde in Zukunft zunächst nur moderat um fünf bis sieben Kräfte pro Jahr erweitert.
Wick hat bei allem Erfolg die Bodenhaftung behalten. Es geht samstags zum BVB und hat jetzt erstmals eine Dauerkarte ergattert. All seine Mitarbeiter nicht mehr mit Namen zu kennen, weckt zwiespältige Gefühle in ihm. "Das ist erschreckend und auch faszinierend".
Unternehmen:
177 000 Buchungen mit 400 000 Übernachtungen werden inzwischen monatlich von "hotel.de" vermittelt. Der Kunde kann dabei unter weltweit 210 000 Hotels auswählen. Der vermittelte Hotelumsatz liegt bei 40 Millionen Euro monatlich. 300 Großkunden hat "hotel.de" auf seiner Liste. Das Wachstum liegt derzeit bei 40 Prozent.
500 sind in dem Unternehmen beschäftigt, davon 233 in der Niederlassung Hamm (142 Festangestellte, 85 Aushilfen und sechs Auszubildende). Am Alfred-Fischer-Weg wurde nunmehr mit der fünften baulichen Erweiterung begonnen.
Quelle: Westfälischer Anzeiger. Von Frank Lahme.
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Liebe Grüße,
Karin
"Die Chance des Lebens"
Der Hammer Unternehmer Reinhard Wick und die Erfolgsstory von "hotel.de". Vor zehn Jahren geht die Internet-Plattform erstmals ans Netz.
Es war tatsächlich am 11. September 2001. Die Türme des World-Trade-Centers waren soeben in sich zusammengebrochen und hatten 3000 Menschen mit in den Tod gerissen. In einer Ecke des Düsseldorfer Flughafens saß eine Gruppe junger Unternehmer und unterbrach ihre Verhandlungen über die Anteile an einer Firma, mit der sie im nächsten Januar auf den Markt drängen wollten. Wofür sie monatelang - heute fast auf den Tag genau vor zehn Jahren - intensivst geschuftet hatten, schien in diesem Moment wie ein Kartenhaus in sich zuzammenzufallen. Wer brauchte noch eine Internet-Plattform namens "hotel.de", wenn es noch nicht einmal mehr Flüge zu buchen gab ? Reinhard Wick ist einer jener Verhandlungsführer vom Düsseldorfer Flughafen. "Für die Gründung eines touristischen Unternehmens war dieser Tag natürlich eine Katastrophe", erinnert er sich heute. "Und trotzdem: Es war die Chance. Und eine solche erhält man nur einmal im Leben."
Wick hat kein Elitestudium in Harvard oder Cambridge hinter sich. Die ersten zehn Jahre seines Lebens wächst der Sohn eines Postbeamten in Bönen auf. Als der Vater nach Hamm versetzt wird, zieht die Familie um. Wick besucht das Stein-Gymnasium und studiert BWL in Münster. Er macht seinen Abschluss als Diplom-Kaufmann und will in die Reisebranche. 1986 bekommt er seinen ersten Job - wie es der Zufall will erneut in Hamm. Bei der "Intergerma Marketing GmbH" am Alfred-Fischer-Weg gibt man ihm eine Chance. Kein Mensch denkt damals ernsthaft ans Internet. Er ist zunächst Projektleiter, später Geschäftsführer. Unter seiner Hand entstehen Kataloge und Hotelführer. Für Geschäftsleute genauso wie für Bustouristen. Tagungshotels werden stark nachgefragt und allmählich keimt in ihm der Gedanke, dass jenseits von bedrucktem Papier ein neuer Markt zu erschließen ist. Die Idee von einer für den Gast kostenlosen Hotel-Buchungsplattform im Internet ist im Spätsommer 1998 geboren.
Die Geburtsstunde von "www.hotel.de" hatte allerdings schon ein halbes Jahr vor diesem Geistesblitz geschlagen. Für ein paar D-Mark hatten sich im Nürnberger Raum ehemalige Informatik-Studenten die Domain gesichert. Sie hatten das Internet-Systemhaus "Axis" gegründet, aus dem 1998 die "Atrada Trading Network AG" wurde. Dr. Heinz Raufer stand an der Spitze der Firma, und Wick mit ihm in Verhandlungen.
Ein Joint Venture wird nach nur dreitägigen Verhandlungen vereinbart, und am 20. Oktober 1998 geht "hotel.de" erstmals ans Netz. Wick und seine Nürnberger Partner sind wahre Pioniere. Google, Lycos und Yahoo gibt es damals noch nicht. Wer Im Internet gefunden werden will, braucht einen griffigen Namen. Einen wie "hotel.de".
Im September 2001, als die Verhandlungsrunde am Düsseldorfer Flughafen beendet ist, beträgt der Gegenwert dieser Adresse bereits eine Million D-Mark. 2002 startet das Unternehmen endgültig durch. Geld von den Banken gibt's keins, denn der Neue Markt ist komplett am Boden. Reinhard Wick steigt mit seinem Privatvermögen ein und übernimmt den Bereich Hotelakquisation und Einkauf. In Hamm, im Schatten der Alfred-Fischer-Halle, entsteht der Hammer Teil des Unternehmens. Der Kundenbereich wird bei den Partnern in Nürnberg abgewickelt, das bis heute als Unternehmenssitz gilt.
"Hotel.de" geht ab wie eine fehlgezündete Rakete. Denn statt nach den geplanten zwölf Monaten schreibt die zunächst zwölf-köpfige Besatzung erst nach 15 Monaten schwarze Zahlen. Danach gibt es kein Halten mehr. Dreistellige Wachstumsraten, tausendfache Zugriffe und ein immer dichter werdendes Netz an Hotels. Das Unternehmen wird ein wichtiger Arbeitgeber in seiner Region und geht 2006 an die Börse. Wick ist Gründungsaktionär und Mitglied des Vorstands. "In den Anfangstagen hatten wir 300 Buchungen pro Monat, heute machen wir das in knapp einer halben Stunde", rechnet der Unternehmer vor. Das es nie zu einer Zusammenlegung der beiden Standorte gekommen ist, liege vor allem an dem rasanten Wachstum des Unternehmens. Heute sei daran gar nicht mehr zu denken. "Und es hat auch Vorteile, denn es gibt keine unnützen Meetings", sagt der 49-Jährige.
Dreistellige Wachstumsraten sind in Deutschland nicht mehr zu erzielen. Aber das Unternehmen etabliert sich in Europa über die Marke "hotel.info", will langfristig im Business-Bereich die Nummer eins werden. Neben London, Paris und Barcelona ist gerade in Rom ein neues Büro eröffnet worden. In Shanghai soll das nächste entstehen.
Die aktuelle Finanzkrise geht auch an "hotel.de" nicht vorbei, der Kurs an der Börse ist auf 14 Euro gesackt. Rund 200 Mitarbeiter sind derzeit in Hamm beschäftigt, der Personalbestand werde in Zukunft zunächst nur moderat um fünf bis sieben Kräfte pro Jahr erweitert.
Wick hat bei allem Erfolg die Bodenhaftung behalten. Es geht samstags zum BVB und hat jetzt erstmals eine Dauerkarte ergattert. All seine Mitarbeiter nicht mehr mit Namen zu kennen, weckt zwiespältige Gefühle in ihm. "Das ist erschreckend und auch faszinierend".
Unternehmen:
177 000 Buchungen mit 400 000 Übernachtungen werden inzwischen monatlich von "hotel.de" vermittelt. Der Kunde kann dabei unter weltweit 210 000 Hotels auswählen. Der vermittelte Hotelumsatz liegt bei 40 Millionen Euro monatlich. 300 Großkunden hat "hotel.de" auf seiner Liste. Das Wachstum liegt derzeit bei 40 Prozent.
500 sind in dem Unternehmen beschäftigt, davon 233 in der Niederlassung Hamm (142 Festangestellte, 85 Aushilfen und sechs Auszubildende). Am Alfred-Fischer-Weg wurde nunmehr mit der fünften baulichen Erweiterung begonnen.
Quelle: Westfälischer Anzeiger. Von Frank Lahme.
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Liebe Grüße,
Karin