Ohne die Endung weiter bashen zu wollen: ich denke, dass es eine Reihe objektiver Gründe gibt, die weitere Entwicklung der .eu-Registrierungzahlen sehr kritisch zu sehen. Zweieinhalb Millionen Domains nach einem knappen Jahr klingen nicht schlecht. Aber:
Wenn man sich mal das bisherige Wachstum anschaut dann fällt eine extrem linksschiefe Verteilung auf.
Bereits Anfang Juli vergangenen Jahres waren 2 Millionen .eu-Domains vergeben. Zugebenermassen ein eindrucksvoller Start, wenn man mal unbeachtet lässt wo ein beachtlicher Teil der Domains gelandet ist.
Nehmen wir mal also an, am 1. Juli 2006 waren 2 Millionen Domains registriert (lt.
http://www.eurid.eu/images/Document...ss-release--2-million-eu-domain-names_eng.pdf kommt das ziemlich genau hin).
Seit Anfang Juli sind bis zur Registrierung der nächsten 500.000 Domains dann schon über 7 Monate vergangen. Ein interessanter Vergleich: In den ersten vier Stunden der Aktivität wurden - ohne Beachtung der sunrise - über 70% mehr eu-Domains registriert als in den gesamten sieben Monaten von Juli bis Anfang Februar! Das Wachstum der .eu ist damit trotz Preissenkung schon bei dieser Betrachtung praktisch um Welten hinter das von .com, .net, org., .de und selbst .info zurückgefallen. Massiv verschärft wird die Problematik dadurch, dass die Wachstumszahlen aller anderen TLDs das Nettowachstum nach Abzug der gelöschten Domains wiedergeben, es eine solche Zahl bei .eu aber mangels bereits beendeter Registrierungszyklen noch nicht gibt. Das wird sich ab April (oder spätestens im Mai, falls es sowas wie eine redemption period auch bei eurid geben sollte) ändern. Es gehört also nicht viel dazu vorzusagen, dass das Wachstum der laufenden Netto-Registrierungszahlen von .eu bei gleichbleibender Nachfrage spätestens im Frühsommer weiter drastisch zurückgehen, wenn nicht sogar völlig stagnieren wird.
Wird es zusätzlich zu Löschungen in grösserem Ausmass kommen?
Ich denke ja. Der Anteil der sunrise-Domains ist mit ingesamt 245908 relativ gering, insgesamt wurden also vom heutigen Bestand über 90% "frei" registriert. Im sunrise-Block dürfte allerdings die überwältigende Mehrheit aller kommerziell interessanten beschreibenden Begriffe aus den wichtigsten europäischen Sprachen stecken. Von diesen "Kerndomains" wird als vermutlich kaum eine nach Ablauf des ersten Jahres gelöscht werden und falls doch wird sie nicht lange frei bleiben. Auch von den über 700.000 frei registrierten Domains der ersten vier Stunden wird wohl ein grosser Teil wohlüberlegt und lange vorbestellt gewesen sein, so dass hier kaum ein grösserer Anteil an Fehlregs zu erwarten ist. Macht also eine "sichere Basis" von etwa einer Million Domains. Hierunter werden auch die meisten der (wenigen) Domains fallen, die tatsächlich von Personen oder Unternehmen so genutzt werden wie es von der EU eigentlich geplant war.
Bei den 1,5 Millionen Domains die danach kamen erwarte ich allerdings einen überdurchschnittlich hohen Anteil an spekulativen (Fehl-)Registrierungen von überwiegend unerfahrenen Glücksrittern, welche zudem inzwischen kaum Einnahmen erzielt haben dürften, da die Domains für Parking mangels Traffic ungeeignet sind und für den Verkauf weitestgehend nicht taugen, da sie sonst schon zuvor in einer der Sunrisephasen aufgetaucht wären.
Viele der Spekulanten dürften aus anderen Branchen kommen, aber vom Hype (sogar in der Tagesschau war .eu mehrfach Thema, von der Blödzeitung ganz zu schweigen) erst relativ spät mitgerissen worden sein.
Zudem wird der Markt schon jetzt mit Angeboten von schlechten .eu-Domains überschwemmt, was weitere negative Auwirkungen auf potenzielle Käufer wie Inhaber haben wird.
Hier stecken also 1,5 Millionen potenzielle Löschkandidaten, die sich zudem vermutlich auf eine geringere Anzahl von Inhabern verteilen als die zuerst vergebenen Domains und deren wirtschaftliche Belastung dadurch stärker ins Gewicht fallen dürfte. Bei der Annahme dass auch nur das schlechteste Drittel der Domains aus dieser Kategorie von den Inhabern nicht erneut bezahlt werden kann/will bedeutet das einen Rückfall von 2,5 Millionen auf 2 Millionen .eu-Domains und danach eine lange Stagnation auf diesem Niveau, während andere drittklassige Endungen wie .info bei schon jetzt grossem Vorsprung ihr Wachstum sogar noch beschleunigen.
Bis jetzt nur meine Meinung, die Fakten werden wir bald kennen
Gruss,
Holger