Ich glaube, Urteile wird man dazu kaum finden, da die Bußgeldbehörden und Gerichte solche schwierigen Fälle tendenziell einstellen.
Das erstaunlich ist: M.E. ist das zwar ein Allerweltsfall, aber doch gar nicht so einfach und offenbar auch von Anwälten im Internet kaum in irgendwelchen Abhandlungen ausgeführt. Ich hatte selbst mal so etwas ähnliches und hatte da mal recherchiert, allerdings mit - für mich erstaunlich - wenig eindeutigen Ergebnissen. Es scheint eine gewisse Grauzone zu geben!
Aber vielleicht kann ich dir hiermit helfen:
Sachverhalt
Nehmen wir mal an, dass du - das willst du ja offenbar vor Gericht vorbringen - keine Möglichkeit hattest, einfach rechts ranzufahren bzw. gegebenenfalls irrtümlich angenommen hast, du könntest dies nicht (rechtzeitig) und du daher schnell gefahren bist, um möglichst schnell an eine Stelle zu geraten, wo du rechts ranfahren kannst.
Die aufgeworfenen Fragen
Dann stellen sich m.E. folgende Fragen:
1. Pflicht zur Geschwindigkeitsüberschreitung?
Durftest du bzw.
musstest du sogar schneller fahren, um dem Einsatzfahrzeug die zügige Vorbeifahrt zu ermöglichen?
Ergeben kann sich das aus
§ 38 Abs. 1 StVO. Der lautet:
(1) Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn darf nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten.
(1) Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn darf nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten.
Es ordnet an:
"Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen"
Was das heißt, scheint weitgehend ungeklärt zu sein. Man könnte meinen, dass dies nicht nur verpflichtet, Platz zu machen (also etwa ganz nach rechts zu fahren an den Straßenrand), sondern auch zu gewissen Ordnungswidrigkeiten verpflichtet, etwa das Befahren des Gehwegs oder Radwegs oder das Fahren in eine Kreuzung trotz "rot", um Platz zu schaffen.
Dass "
Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen" aber bedeutet, dass man Ordnungswidrigkeiten begehen muss oder darf,
steht dort nicht. Allerdings fahren dennoch viele Menschen etwa auf den Radweg, um der Feuerwehr Platz zu machen und meinen, dazu nicht nur berechtigt, sondern auch (rechtlich und nicht nur moralisch)
verpflichtet zu sein. Ob das aber stimmt, scheint aber irgendwie unklar zu sein. Jedenfalls habe ich dazu damals nichts finden können.
Wenn man diese Frage mit "Nein" beantwortet und weder eine Pflicht, noch ein Recht aus dem Satz "
Alle übrigen Verkehrsteilnehmer haben sofort freie Bahn zu schaffen" ableiten will, dann geht es zum nächsten Problem:
2. Handeltest du im rechtfertigenden Notstand?
Der rechtfertigende Notstand ist in § 16 OWiG geregelt. Dieser lautet:
"Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Handlung begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Handlung ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden."
Unter diesen Voraussetzungen darf man Vorschriften nach der StVO verletzten!
Berücksichtigt man nun weiter, was oben in § 38 StVO steht:
(1) Blaues Blinklicht zusammen mit dem Einsatzhorn darf nur verwendet werden, wenn höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden, eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwenden, flüchtige Personen zu verfolgen oder bedeutende Sachwerte zu erhalten.
darf man als normaler Verkehrsteilnehmer wohl darauf vertrauen, dass bei Einsatz von Blinklicht und Martinshorn es um wichtige Rechtsgüter geht, denen etwa das Befahren des Bürgersteiges etc. nachgeordnet ist. Auch über eine rote Ampel darf man wohl fahren, wenn das nicht übermäßig andere gefährdet. Wenn die Feuerwehr oder Polizei also solche Signale gibt, dann darf man wohl darauf vertrauen. Wenn nicht auf die, auf wen soll man denn sonst vertrauen?
Bei der Geschwindigkeitsüberschreitung wird man wohl sagen müssen, dass nur angemessene Überschreitungen zulässig sind. Wenn du also in ner Spielstraße von einem Feuerwehrfahrzeug verfolgt wirst, dass dort 50 fährt, wirst du (wenn dort zunächst keine Möglichkeit des Ausweichens besteht) kaum 50 fahren dürfen (weil auch die Feuerwehr das gar nicht durfte), da dann die Kinder in der Straße nur geringe Überlebenschancen hätten.
Fährt du dann aber nicht Schrittgeschwindigkeit, sondern an übersichtlichen Stellen etwas schneller (etwa 30 km/h) ist es wohl angemessen.
M.E. kommt es also für den Erfolg deines Einspruchs auf zweierlei an:
1. Kann man dir nachweisen, dass du statt der Geschwindigkeitsüberschreitung schlicht (mit gleicher Erfolgswirksamkeit) rechts anhalten konntest und dir das bewusst war?
2. War deine Geschwindigkeitsüberschreitung der Situation angemessen? Dabei spielt es also eine Rolle, wie schnell du warst.
Wie gesagt: Mach es kompliziert, dann stellen das die OWi-Richter schlicht ein. Aber dann bekommst du meist die Anwaltskosten nicht erstattet. Geht es also um eine 50-Euro-Knolle und nimmst du einen Anwalt mit, der 450 Euro kostet, und der Richter stellt das ein (was oft erfolgt), dann zahlst du zwar nicht die Knolle, aber deinen Anwalt. Wenn du da keine Rechtsschutz hast, ist ein Einspruch daher unvernünftig (aber ja offenbar schon erfolgt).
Ich hoffe, ich konnte dir weiterhelfen, auch wenn ich kein Urteil kenne und auch die superichtige Lösung nicht weiß.
Gruß
DG