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Wird das Licht langsamer?

funbroker

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Messungen einer der wichtigsten Naturkonstanten - der so genannten Feinstrukturkonstante alpha - haben ergeben, dass sich diese über lange Zeiträume ändert. Dieser Sachverhalt erschüttert die Grundfesten unseres physikalischen Weltbildes. Denn damit wird die hehre Liste der - nicht zufällig so bezeichneten - Fundamentalkonstanten in Frage gestellt. Als Erklärung dieses Umstandes können die Physiker gewissermaßen zwischen "Pest" und "Cholera" wählen: Entweder hat sich im Laufe der letzten Jahrmilliarden die Größe der so genannten Elementarladung geändert - oder jene der Lichtgeschwindigkeit.    

Paul Davies von der Macquarie University in Sydney meint in einer aktuellen "Nature"-Publikation, dass wahrscheinlich letzteres der Fall gewesen sei.  

"Einstein hätte das absolut gehasst", kommentiert der theoretische Physiker und Buchautor Paul Davies seine jüngste Publikation im Gespräch mit der Zeitschrift "New Scientist": "Denn seine gesamte Relativitätstheorie fußt auf der Annahme, dass die Lichtgeschwindigkeit eine absolut fixierte Zahl sei."  Sollte sich diese Annahme aber als unrichtig erweisen, dann wären liebgewonnene Gleichungen wie etwa das berühmte E=mc2 gefährdet.

Und nicht nur deswegen müssten die Lehrbücher der Physik umgeschrieben werden. Die in jedem Lexikon einsehbare Liste der unveränderlichen physikalischen Größen (der so genannten Fundamentalkonstanten) müsste ebenfalls revidiert werden.

Allerdings, so fügt Davies hinzu, bräuchten wir auch in diesem Fall nicht sämtliche Theorien über Bord werfen: "Denn es liegt in der Natur der wissenschaftlichen Revolutionen, dass alte Theorien von neuen inkorporiert werden."  

Das physikalische Malheur begann mit der Publikation eines Datensatzes des Astronomen John Webb. Dieser hatte entdeckt, dass Strahlung eines weit entfernten Quasaren (einem sternähnlichen Objekt) auf seiner 12 Milliarden langen Reise zur Erde die "falschen" Photonentypen absorbiert hat.

Dieser Umstand ist darauf zurückzuführen, dass offensichtlich die so genannte Feinstrukturkonstante im Laufe der Zeit zugenommen hat. Oder in paradoxen Worten: Die vielleicht fundamentalste Konstante der Physik ist in Wirklichkeit gar keine Konstante.  

Die Feinstrukturkonstante α ist eine Größe, die angibt, in welcher Weise Lichtteilchen mit anderen Partikeln, wie etwa Elektronen, interagieren. Ihr Wert ist von zwei anderen grundlegenden Größen abhängig: Der so genannten Elementarladung und der Lichtgeschwindigkeit.

Zur Erklärung der Veränderung von alpha gibt es zwei - gleichermaßen unliebsame - Alternativen: Entweder hat im Laufe der letzten Jahrmilliarden die Größe der Elementarladung zu- oder jene der Lichtgeschwindigkeit abgenommen.  

Paul Davies und seine Co-Autoren argumentieren in ihrer "Nature"-Publikation, dass es klüger sei, die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit aufzugeben. Denn ließe man eine Variabilität der Elementarladung zu, dann geriete man - gemäß der Theorie schwarzer Löcher - vollends in Teufels physikalische Küche.  
   
Gäbe es nämlich ein Anwachsen der Elementarladung e, dann folgte daraus, dass der so genannte Ereignishorizont von schwarzen Löchern (i.e. jener Bereich, aus dem weder Licht noch Materie entweichen kann) mit der Zeit kleiner würde.

Und dies wäre wiederum eine Verletzung eines der wichtigsten physikalischen Grundgesetze: des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik.  

So plädiert Davies für das geringere "Übel": Die Lichtgeschwindigkeit muss veränderlich sein. Wer sich ob dieser Konsequenz an die wundersamen Effekte in der Fernsehserie "Star Trek" erinnert fühlt, befindet sich durchaus in prominenter Gesellschaft.

Im Gespräch mit Reuters heizte Davies selbst die Spekulationen jedenfalls an: "Vielleicht kann die Grenze der Lichtgeschwindigkeit umgangen werden. 'Star Trek'-Fans würde das auf jeden Fall bezaubern. Wer weiß, was in Zukunft möglich sein wird?", so Davies.

Nachdem allerdings die Theorie der schwarzen Löcher noch kaum empirisch untersucht ist, gibt es in der vorgestellten Argumentationskette noch durchaus Platz für Revidierungen. In der Fachpublikation schlagen Davies und seine Mitarbeiter denn auch etwas bescheidenere Töne an: Ihre Argumente seien, so die Autoren in "Nature", "only suggestive".

Robert Czepel, science.ORF.at  
 
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