Hallo Holger,
Vorab moechte ich natuerlich klarstellen, dass ich keinesfalls hier den advocatus diaboli fuer Markentrittbrettfahrer abgeben will. Ich kann diese Bande, aehnlich wie Du, auch nicht ausstehen.
Dieser Fall ist imho aber etwas anders gelagert - und solange Zweifel an der Beweislage bestehen, bleibt der Angeklagte erst mal unschuldig (innocent until proven guilty).
dass er es wirtschaftlich nicht noetig haette und damit wahrscheinlich auch wirklich nicht beabsichtigt hat, aus der zweifellos vorhandenen LH-Marke Kapital zu schlagen, glaube ich dem Inhaber sogar.
Dann sind wir uns einig, dass zumindest was uns angeht, wohl sehr wahrscheinlich kein "bad faith" vorlag, weder bei der Nutzung, noch bei seinem Kauf (!) der Domain. Die Anschuldigung "In bad faith" (boesglaeubig) ist sehr schwerwiegend, weil sie unterstellt, dass er die Domain eigentlich unrechtmaessig gekauft hat, da es ja wohl mindestens 100.000 Unternehmungs- und Vor/Nachnamenabkuerzungen gibt, welche ja bessere Rechte an der Domain haben als er. Haben sie aber imho in dieser Konstellation nicht. Ich schaetze, dass sich allein in USA wahrscheinlich 1.000 common law trademarks mit der Abkuerzung "LH" ableiten lassen (bei der von Dir erwaehnten dw.com Entscheidung lag nebenher auch eine common law trademark vor). Ebenso duerfte es auch viele USPTO-Marken geben, welche LH as Kuerzel, aehnlich wie die Lufthansa, auf diese Art beanspruchen koennen. Produktabkuerzungen mit den zwei Buchstaben duerfte es ebenso zuhauf geben. Ebenso werden manche Gueter (wie z.B. liquid hydrogen) oft einfach als "lh" abgekuerzt.
Zudem war die Domain ein redirect wie ich es verstehe (habe mir den Fall noch nicht genauer angeschaut) und x Domains verweisen scheinbar auf die Oxide-Landingpage. Sofern da mit irgendwelchen Keywords hinsichtlich irgendwas mit Reisen usw. optimiert wurde, muss es keinesfalls unbedingt etwas mit der Lufthansa zu tun haben, es sei denn es wurde spezifisch mit dem Lufthansa Namen optimiert. Wurde es? Falls ja, dann laege eher eine Markenrechtsverletzung vor statt die (imho absurde) Absprache einer indirekt genutzten Domain.
Aber der entscheidende Punkt ist doch, dass die Lufthansa nunmal durch Benutzung und Markeneintragung ein Recht an dieser Abkuerzung erworben hat und er, um die Domain weiter nutzen zu duerfen, auch in irgendeiner Weise seine Legitimation haette begruenden muessen.
Schon aus dem Kauf der Domain fuer wahrscheinlich viel Geld koennten sich in diesem Fall u.U. gewisse Ansprueche ergeben.
Die schiere Masse der Abkuerzungsmoeglichkeiten koennte u.U. in diesem Fall tatsaechlich eine Art generischen Charakter verleihen. Eins verstehe ich als sehr sicher: Der internationale Bekanntheitsgrad von "LH" as selbstverstaendliche Abkuerzung fuer Lufthansa fehlt eindeutig (auch fuer mich, der schon oft und gerne mit Lufthansa geflogen ist).
Hier hilft es nicht einfach nur zu sagen dass oder gar warum die Gegenpartei keinen Anspruch hat, sondern man muss seine eigene Position deutlich machen. Weil es eben keine beschreibende Domain ist (und ich auch nicht verstehe wieso auch in den englischsprachigen Foren viele das behaupten) gelten hier andere Regeln, die Beweislast fuer das Recht zur Nutzung liegt beim Inhaber.
Die schiere Masse des Aggregats der Abkuerzungsmoeglichkeiten koennte der Abkuerzung in diesem Fall tatsaechlich eine Art generischen Charakter verleihen. Sie sagen es wohl, weil z.B. "BS" auch absehbar sehr schlecht als angeblich beruehmte Marke durchginge.
Spass beiseite: Vielleicht koennen wir ja einen Leitsatz fuer Domainer konstruieren, in etwas so (freue mich auf Verbesserungen/Berichtigungen, da nur kurz durchdacht):
Bei Buchstabenanreihungsdomains bzw. sogenannten "L-Domains" (letter domains) unter der gleichen TLD mit bis zu vier Buchstaben, insbesondere bei jenen, welche zusaetzlich einen allgemeinbegrifflichen Charakter aufweisen, ist die Anzahl der Buchstaben gemeinhin invers proportional zur Anzahl der entsprechend begehrenswerten DNS-Adressierungsfunktionen. Ausnahmen bestehen bei bestimmten Buchstaben. Praktisch bedeutet dies, dass z.B. eine LL-Domain unter dot com gemeinhin weit mehr Interessenten ansprechen wird als eine LLL-Domain unter dot com und eine LLL-Domain unter dot com wiederum weit mehr Interessenten ansprechen wird als eine LLLL-Domain unter dot com.
So unschoen das ist, ich denke zumindest ein Anspruch auf Unterlassung der Verwendung der Domain im Bereich der Marke ist nachvollziehbar.
Naja. Ich finde es unschoen, dass die Lufthansa unter Lufthansa + x TLDs schon bestens vertreten ist und jetzt nach der Abkuerzung luestet - tatsaechlich "by hook or by crook" - uebrigens eine ganz normale und uralte Redensart, die niemandem unterstellt, dass er/sie ein "crook" (Krimineller) ist.
Und damit dass der Inhaber kein anderweitiges Interesse vorgebracht hat (und das mit der Vermietung an den Klaeger war wirklich ziemlich dumm) hat er es der Gegenseite einfach viel zu leicht gemacht, die Domain fuer sich zu beanspruchen. Haette er tatsaechlich ein Projekt unter markenmaessiger Nutzung der Domain in einem anderen Bereich als Legitimation anfuehren koennen dann waere das sicher anders ausgegangen.
Mag sein. Als Markenschlauberger haette er es vielleicht leichter gehabt. Waere die Gangart jedoch nicht tatsaechlich hinterlistig bzw. noch eher "in bad faith"?
Beim Vermietungsangebot, genau wie bei einem Verkaufsangebot, steht die Frage im Raum, wer, wen _zuerst_ angebaggert hat. Falls Lufthansa mit ihm in Verhandlungen stand und er ihnen dann eine Vermietung anbot, dann verstehe ich das nicht als verwerflich.
Ich finde auch den Gedanken nicht sehr beruhigend, dass da jetzt von beiden Seiten Geld und Anwaelte aufgefahren werden um in die naechste Instanz zu gehen. Alle neuen Argumente werden jetzt wie Schutzbehauptungen aussehen und mit den schon angefuehrten Punkten wird er wohl wieder verlieren.
Mit einem faehigen Anwaltsteam wird er imho bei einem US-Bundesricher die Domain behalten duerfen. Er wuerde auf jeden Fall den Mangel an Bekanntheitsgrad in Betracht ziehen, weil einfach zuviele Ansprueche dieser Art beschworen werden koennen und weder WIPO noch ein Gericht eine Art "FCFS-Institution" fuer den ersten Klaeger sein darf. Ohne klar zuordnender Notoritaet der Abkuerzung (welche hier imho klar fehlt), ist es imho bei einer international derart schwammigen Abkuerzung eher eine wirtschaftliche statt markenrechtliche Ueberlegung. Selbst "LTU" haette imho bessere Karten.
Ein umgehender Inhaberwechsel wuerde mich also sehr ueberraschen, zumal nicht der Registrant, sondern natuerlich Moniker sich dem UDRP verpflichtet hat bzw. sich als "Pseudo-Registrar" dazu verpflichten muss.
Viele Gruesse
John
Öl.net